Von Meer zu Meer

Die nächtliche Fahrt entlang der Holländisch-Deutschen Nordseeküste war ganz schön spannend gewesen. Es hatte viel Verkehr gehabt. Fischerboote hatten wie Wildhasen im Zickzack unseren Pfad gekreuzt. Und einmal wurden wir per Funk aufgerufen, unseren Kurs zu ändern, da wir einem Trawler der Tiefseekabel verlegte, zu nahe gekommen waren.

Am nächsten Morgen konnten wir es dann locker nehmen. Und nein, keine Sorge, das ist nicht die Nordsee(auto)bahn. Hier durchfahren wir die Reede vor der Einfahrt in die Elbe. Ansonsten wären wir nicht so entspannt…!

Wir nutzten die Gelegenheit und gingen auf Tuchfühlung mit den auf Reede liegenden Tanker und Frachtern. Zum Glück waren die alle angekettet. Denn wenn man auf freier Wildbahn so nahe an einem Tanker dran ist, dann ist definitiv etwas schief gelaufen…!

Aber dann setzten wir den Blinker und bogen ab in die Elbe. Die Strömung war diesmal zu unseren Gunsten und spühlte uns an Cuxhaven vorbei Richtung Brunsbüttel. Es herrschte viel Verkehr auf der Elbe und wir waren froh, dass die Wasser-Verkehrsregeln von allen eingehalten wurden.

Kurz vor 18 Uhr erreichten wir das Portal zum Nord-Ostsee-Kanal, der Schleuse Brunsbüttel. Eine Handvoll Segelboote warten schon in dem dafür vorgesehenen Bereich in der Nähe der Schleuse. Und tatsächlich, schon kurze Zeit später wechseln die Lichter am Signalturm auf Weiss und wir konnten in die Schleuse einfahren. Unser Puls war wieder einmal auf 200, als wir versuchten, eine Position in der Schleuse zu ergasttern.

Die Schleusen in Deutschland sind total anders als die in Holland. Hier in der Schleuse Brunsbüttel gab es einen etwa 1.5m breiten, mit Festmacherringen versehenen Schwimmsteg für Sportboote. Yeah! Easy as pie! Kein Problem für mich! Sich einfach – Cowboy Stile – mit Schwung über die Reling schwingen und mit dem Lasso (Festmacherleine) durch die Eisenringe am Steg und: Voilà! Das Riverrafting konnte beginnen.

O.k. Unser Freibord war glaub ich doch ein bisschen gross für so was. Doch lieber erst den Seiteneingang öffnen und Rückwärts…ouf es reicht immer noch nicht! Und das Gitter sah sooooo glitschig aus!! Und währen ich noch damit beschäftigt war, mit meinen Gummistiefeln irgendwie nach Halt zu grapschen, hatte sich das Schleusentor hinter uns bereits geschlossen und das Wasser unter dem Boot kam langsam in Bewegung.

Der Skipper sowie die Crews der anderen bereits professionell vertäuten Boote beobachteten mit interesse, wie ich mich immer noch an unserem 300m hohen Freibord abstrampelte. Doch plötzlich kamen zwei Herren auf mich zu, die mich mit mitleidigem Blick fragten, ob ich eventuell Hilfe brauchte?! Nnnnn….ja, bitte! Das Anfängerglück war mir für ein mal nicht hold gewesen, sondern hatte sich als mieser Verräter entpuppt. Yep. Muss geübt werden. Nicht lustig. Hört auf zu lachen!!

In der Schleuse und wurden wir gefühlte 0.02mm nach Oben gespühlt. Nachdem sich die Tore Richtung Kanal geöffnet hatten, schossen die anderen Boote wieder wie von Hummeln gestochen aus dem Kanal und verschwanden alsbald hinter der ersten Kurve. Und wir wussten nicht was machen. Erst wollten wir bis zur nächsten Hafen weiter fahren, aber dann beschlossen wir, dass wir genug Action gehabt hatten in den letzten 48 Stunden und bogen ab direkt in den Brunsbütteler Yachhafen.

Da wir praktisch die ersten waren im Yachthafen, konnten wir zuvorderst anlegen, nahe der Duschen und der Kneipen. Perfekt. Ausserdem hatten wir von unserem Platz aus praktisch freie Sicht auf den Schleusenverkehr. Und da gab es einiges zu sehen. Faszinierend, wie sich diese Riesenschiffe in die enge Schleuse manövrierten…!

Am Morgen wollten wir noch – pflichtbewusst wie wir sind – in Deutschland einklarieren. Das Zollamt war ja praktischerweise gleich bei der Schleuse. Aber die Zollbeamten hatten keinerlei Interesse an uns und verscheuchten uns gelangweilt von ihrem Pier.

Irritiert machten wir uns auf den Weg Richtung Ostsee und bald schon kam das erste Hindernis in Sicht. Ui! Ob das reichte!? Die Seekarte verzeichnete genügend Höhe, aber der Nervenkitzel hielt an bis wir auf der anderen Seite der Brücke waren.

Und so fuhren wir weiter, gestresst Ausschau haltend nach dem gefährlichen Schiffsverkehr im Kanal, über den wir schon so viel gelesen und gehört hatten. Aber es war praktisch niemand da. Sogar auf dem Traditionsschiff, dass uns im Schneckentempo überholte, wurde entspannt unter freiem Himmel zu Mittag gegessen. Und ja, wir waren offenbar lagsamer als eine Schnecke…!

Und als das Wetter immer besser wurde, konnten wir entspannt und mit dem eingeschalteten Autopiloten die Fahrt durch die wunderschöne Landschaft links und rechts des Kanals so richtig geniessen.

Allerlei Kurioses, wie hier die dieses Fussgänger-und Fahrrad Bähnchen…

…Verkehr von Hinten, von Vorn und von der Seite sowie die eine oder andere Werft für Luxusyachten.

Kein Kommentar.

Nach und nach wurde der Kanal dann aber enger und enger und als wir merkten dass Helmut – der uns die längste Zeit auf den Fersen gewesen war – an einer der engsten Stellen zum Überholen ansetzte, verzogen wir uns freiwillig in eine Wendestelle. Anschliessend assen wir noch gemütlich zu Abend im Cockpit, immer wieder mal den Kurs korrigieren zwischen den Bissen.

Und dann hatten wir es geschafft. Vor uns lag die Schleuse Holtenau, das Tor zur Ostsee! Helmut (rechts) der Mistkerl hatte nicht auf uns gewartet und lag nun uneinholbar für uns bereits in der geschlossenen Schleuse. Wir mussten eine geschlagene Stunde warten, bis sich die Schleuse für uns öffnete. Das heisst, eigentlich öffnete sich die Schleuse nicht für uns sondern für…

…einen dicken, voll beladenen Mega-Frachter aus Malaysia. Gerne hätten wir uns in der Schleuse weiter vorne vertäut, aber wegen Bauarbeiten oder was auch immer, war es für Sportboote verboten weiter vorne fest zu machen. So kamen wir an der strategisch dümmsten Stelle zu stehen, nämlich auf Höhe des Hecks des Frachters, dort wo dessen Antrieb war.

Und wieder musste ich auf einem äusserst glitschigen Schwimmsteg das Boot fest binden. Inzwischen hatten sich einige Matrosen des Frachters am Heck versammelt und beäugten uns argwöhnisch. Einer schien sich auch per Funk mit der Brücke zu beratschlagen, was mit der lästigen Schmeissfliege da zu geschehen hatte. Wir winkten und lächelten argwöhnisch zurück und warfen Spässchen hin- und zurück.

Aber als sich das Schleusentor vorne öffnete, winkten die Matrosen uns mit eindeutigen Handbewegungen zu und riefen “Go! Go! Go!”. Das liessen wir uns nicht zwei mal sagen und der Skipper legte den Hebel um und wir rasten mit rauchendem Motor als erste aus der Schleuse. Puh! Geschafft! Der NOK Kanal lag hinter uns und wir nahmen Kurs auf die andere Seite der Kieler Bucht. Die Baltic Marina von Laboe ist schon ganz schön voll und im Marinabüro teilt man uns mit, dass wir nur bis zum Wochnende bleiben können, da nächste Woche Kieler Woche war. Kein Problem, bis dann wollten wir schon in Schweden sein…!

Laboe lag etwas Nördlich von der Marina und von hier aus konnte man mit der Fähre nach Kiel fahren oder sich den Bauch sonnen…!

Der Nord-Ostsee-Kanal ist fast 100 Km lang und verbindet die Nordsee mit der Ostsee.

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