Wir lagen immer noch in der Bucht von Tramariglio an der Boje und genossen die Ruhe und das wunderbar sanfte Herbstwetter!! Das Wasser war immer noch um die 24° warm und erlaubte uns, bis tief in die Nacht hinein zu planschen. Das kam des Öfteren vor, da es jetzt Ende Oktober schon früh dunkel wurde.

Nur einen kleinen Schönheitsfehler hatte unser Paradies. Nachts wurde es schon ordentlich kalt und unsere Heizung funktionierte nicht. Ein klarer Fall für Skipper One, der die Heizung kurzerhand auseinandernahm. Er wechselte Teile aus, schraubte an allen Seiten herum, setzte das Ding wieder zusammen, montierte es an seinem Stammplatz und voilà: funktionierte immer noch nicht.
Na gut, Heizungen sind eh Luxus und wir zwei taffe Seebären. Und mit der Zeit fanden wir heraus, dass es nur 3 Duftkerzen braucht, um den Salon zu heizen. Alles easypeasy.

Ansonsten machten wir es wie die Hühner. Bei Sonnenaufgang auf und bei Sonnenuntergang ins Bett. Hilft Kerzen sparen.
Hin und wieder fuhren wir mit Seppi an Land und von da mit unseren Brommies die Gegend erkunden.

Mojitos gab es definitiv keine mehr und zum Glück hatten wir in Alghero noch ordentlich eingekauft, denn hier war wirklich alles zu.

Und so gut es uns auch gefiel hier, so wurde es doch Zeit, weiterzuziehen. Schliesslich wollten wir noch bis an die Französische Küste segeln. Aber zuerst wollten wir noch das letzte Stück Sardinien erkunden, das wir bis jetzt noch nicht besegelt hatten. Und Korsika lockte mit seiner wunderbaren Westküste!

Am nächsten Morgen waren wir schon früh auf und bei Sonnenaufgang bereit zum Ablegen. Ha, das war doch mal was ganz anderes als immer nur diese Sonnenuntergänge…?

Wind hatte es leider um diese Zeit noch keinen, doch wir hatten das Grosssegel schon mal hochgezogen, denn wir rechneten mit viel Wind ausserhalb der geschützten Bucht von Porto Conte.
Und so tuckerten wir langsam um das Capo Caccia, das von der aufgehenden Sonne spektakulär beleuchtet wurde.

Auf der Aussenseite des Kaps schauten wir uns noch einmal die 600 Stufen Treppe aus der Nähe an. Und auch den Eingang zur Höhle, da wo die Touristen hin geschippert wurden, konnte man von hier gut erkennen. Und wieder einmal entbrannte eine Diskussion darüber, was wohl angenehmer war: die 600 Stufen auf- und ab oder der Hechtsprung vom schaukelnden Schiff auf das Felsplateau.
Nur eines war sicher. Die Neptunhöhle war definitiv nichts für Unsportliche.

Und dann kam endlich der versprochene Wind und wir konnten mit einem schönen Halb Wind nach Norden segeln. Und dabei die wilde und scheinbar unberührte Nordwestküste von Sardinien bewundern.
Und heute würde sich der Kreis schliessen, wir würden das letzte Stück von Sardinien kennenlernen, das wir bisher noch nicht besegelt hatten. Und etwas ganz Spezielles würde uns heute auch noch bevorstehen. Aber nur wenn wir Glück hatten und Nettuno uns seine Gunst schenken würde…

Wir wollten versuchen, die Abkürzung zu nehmen zwischen dem Kap La Pelosa und der unter totalem Naturschutz stehenden Insel Asinara.
Der Clou war, dass diese enge Passage nicht mit unter Motor fahrenden Booten befahren werden durfte. Das hiess so viel wie, dass wir durch das Nadelöhr hindurch segeln mussten. Ausserdem war die Passage sehr seicht und wir würden nicht mehr viel Spielraum unter dem Kiel haben. Und der auf der Seekarte eingezeichnete Peilwinkel sah nach Millimeterarbeit aus.
Kurz gesagt, das Vorhaben war nur was für Superprofis oder Geistesgestörte. Aber zum Glück waren wir ja beides, da konnte ja nichts mehr schief gehen.

Doch inzwischen hatten Wind und Wellen ordentlich zugelegt und je näher wir der Passage (sichtbar zwischen den zwei Türmen links im Bild) kamen, um so nervöser wurden wir. Sollten wir das wirklich riskieren? War es nicht besser und sicherer, um das gesamte Kap zu segeln? Aber dadurch hätten wir ein- oder zwei Tage länger gebraucht bis nach Castelsardo. Und dort wollten wir unbedingt noch hin.

Einzig der Wind war ausnahmsweise mal mit uns und so entschieden wir uns, es zu versuchen. Wir waren immer noch sehr schnell unterwegs und die Wellen waren auch immer noch ordentlich hoch. Mit diesem Wellengang drohte uns eine Grundsee* und das konnte in Schiffbruch enden!!
*Eine Grundsee ist wenn die Wellen in seichtem Gebiet mehr Wasser unter dem Kiel wegsaugen als der Kiel hoch ist und das Boot somit auf dem Grund auftrifft und nicht mehr zu kontrollieren ist. Dies ist meist mit einem Schiffbruch verbunden und Schiffbruch bedeutet ein zerstörtes Boot.

Wir zogen das Vorsegel ein, um die Geschwindigkeit zu reduzieren und tasteten uns vorsichtig an die Passage heran, stets in Bereitschaft, das Vorsegel wieder raus zu lassen und in sichere Gewässer abzufallen.
Zu unserer Überraschung sahen wir aber, dass je näher wir der Passage kamen, um so ruhiger wurde das Wasser! Skipper One und ich schauten uns an und sagten gleichzeitig: O.k. let’s do it! Now!

Wir tasteten uns an die Peillinie heran, legten Kurs an und liefen Millimeter genau in die Passage ein.

Die hohen Wellen waren von einem Meter zum anderen verschwunden und nun kam es darauf an, unseren 1.8 M Kiel sicher durch das mit Untiefen gespickte Fahrwasser zu geleiten. Je heller das Wasser wurde um so mulmiger wurde es uns. Man konnte jeden einzelnen Stein auf dem Grund sehen!
Hochkonzentriert steuerte der Skipper das Boot durch die Passage. Wir wussten, dass wir uns zu 99.9% auf die Angaben des Kartenplotters verlassen konnten. Aber was war, wenn ausgerechnet jetzt…ach, wird schon klappen.

Und nach gefühlten 100 Minuten (max. 10 Minuten) Nervenkitzel hatten wir es geschafft! Wir waren durch!! Wir waren einfach so durchgeflutscht!! Wow, Skipper, Well done!! Wir rollten das Vorsegel wieder raus und legten Kurs an auf Castelsardo!

Und als Zückerchen wurden wir vom immer noch stark wehenden Wind richtiggehend unserem Ziel entgegen gepustet.
Castelsardo! Das von der Abendsonne beleuchtete Dorf sah vielversprechend aus und wir konnten praktisch bis vor die Hafeneinfahrt (der Masten Wald rechts im Bild) segeln!

Nach dem Anlegen wurde es schon bald dunkel und wir konnten die Burg von Castelsardo noch schön beleuchtet durch den baldigen Vollmond bewundern, bevor wir schlafen gingen.

Am nächsten Tag sattelten wir unsere Brommies und machten uns auf den Weg ins Stadtzentrum. Da es ziemlich steil hoch ging und es ordentlich heiss war, mussten wir immer wieder mal an einer Bar halten und Prosecco bestellen.
Oben angekommen stellten wir fest, dass die Souvenirshops praktisch alle schon zu waren. Ach ja! Es war ja fast November! Hatten wir ganz vergessen.

Dafür war die Aussicht definitiv noch geöffnet! Man konnte gut die Nordküste Sardiniens bestaunen und im Hintergrund war Korsika sichtbar. Atemberaubend!

Wir banden unsere Stahlrösser an einen Pfosten und gingen zu Fuss auf Entdeckungstour durch die Burganlage.

Und zuoberst auf der Burg bot sich uns dann dieser Anblick. Wow! Wir konnten sogar sehen, dass AnnaSophie geduldig auf uns wartete. Und!?! Das kleine weisse Pünktchen auf dem Wasser… war das nicht…die Black Pearl? Tatsächlich! Das mussten sie sein! Nur hatten sie nicht so viel Glück wie wir gestern und sie mussten ordentlich Aufkreuzen!
Denen würden wir heute Abend einen Besuch abstatten und sie fragen, wie es ihnen so ergangen war in den letzten Tagen.

Wir rissen uns von dem Anblick los und erkundeten weiter die verschachtelte Burganlage.

Es gab Ausgangstore, Wohnhäuser, Kirchen, Eingangstüren…

…Ristoranti, Bars, Cafés und alles was eine solche Burg lebendig (und Feinde tot) machte. Hier wurde gelebt und gearbeitet.
Ausserdem gab es ein Museum, in dem die Produkte für die die Ortschaft bekannt war, ausgestellt waren:

Castelsardo war bekannt für seine Korbflechtereien.

Korbwaren aus vergangenen Zeiten. Einfach nur schön…!

Die Korbflechter waren immer noch anzutreffen und boten ihre Waren in den Gassen der Burg an. Und ja, ich gestehe, auch ich habe mich in einen der Körbe verliebt und mir das Ding gekauft. Seither steht es bei mir im Wohnzimmer und bietet meinen Besuchern saisonale Früchte und Nüsse an.

Wir assen noch in einer Trattoria zu Abend und genossen anschliessend noch vom Boot aus den wunderbaren Anblick von Castelsardo. Die Crew der Black Perarl hatten wir nicht mehr getroffen.
Aber das war nicht weiter schlimm, wir würden ja noch zwei Nächte hier sein und würden sicher noch Gelegenheit zu einem Stegschnak haben. Nur Morgen früh würden wir keine Zeit haben. Da hatten wir etwas ganz Besonderes vor…!