Es war zwar keine Premiere, aber immer noch etwas sehr Spezielles: Neujahr auf dem Segelboot!!
Schon einmal, nämlich Ende 2008 waren Max und ich auf die verwegene Idee gekommen, über Silvester/Neujahr rund um Mallorca zu segeln. Die Idee war ja ganz nett und wir setzten sie auch erfolgreich in die Tat um. Nur was wir nicht wussten war, dass es in den Balearen eigentlich nur thermische Winde hat, sprich, im Winter ist die Luft über den Inseln zu kalt um Wind zu generieren. Und so hatten wir im Jahr 2008/2009 zwar keinen Wind aber sonst eine herrliche Zeit.
Tja, und jetzt spukte uns diese Idee also wieder durch’s Gehirn. Unser Bootchen im Wasser und nur 7 Autostunden von zu Hause weg. Die Gelegenheit konnten wir uns einfach nicht entgehen lassen. Tja, und so kam es dass wir uns am 28.12.2018 bei ärgstem Hudelwetter aufmachten Richtung Toulon.
Und je näher wir Toulon kamen, um so besser wurde das Wetter. Der einzige Wehmutstropfen war, dass es schon früh dunkel wurde und so war es tiefe Nacht, als wir in Saint-Mandrier-sur-Mer bei unserem Boot ankamen.
Erst am nächsten Morgen sahen wir, dass die Weihnachtszeit bizarre Spuren hinterlassen hatte in Saint-Mandrier-sur-Mer. Weiss beschneite Tannen zwischen Palmen…?!? Gewöhnungsbedürftig.
Aber wir wollten Silvester ja nicht zwischen künstlichen Tannen feiern, sondern wir wollten zu den Hyères-Inseln segeln und dort ein paar entspannte Tage verbringen.
Aber zuerst mussten wir Proviant bunkern! Und dazu fuhren wir nach Bandol, wo es exzellenten Rosé gab. Wir wollten ja schliesslich nicht verdursten…! Bandol war hübsch geschmückt, nicht so lieblos wie Mandrier. Auch die Cafés waren voll und wir genossen noch ein Gläschen Champagner.
Ja, hier liesse es sich gut Überwintern, seufz. Danach fuhren wir noch zum grössten Carrefour in der Gegend und kauften Proviant ein.
Am nächsten Tag legten wir zeitig ab und setzten Segel mit Ziel Porquerolles. Der Wind war phantastisch und die Temperatur gar nicht mal so schlecht für Ende Dezember. Auch waren wir bei Weitem nicht die einzigen “Verrückten” die sich aufs Wasser gewagt hatten. Da sind die Franzosen schon speziell, wenn sie was machen, dann Hardcore.
Wir mussten zwar aufkreuzen wie die Irren, aber wir hatten unseren Spass. Und auch das in die Nacht segeln und im Dunkeln manövrieren war für uns nichts Neues. Wir konnten den Sonnenuntergang über der Île du Grand Ribaud voll geniessen. Und als wir in der Marina Port de Porquerolles ankamen, war es schon dunkel. Wir warfen uns an den ersten freien Platz und gingen schon bald schlafen.
Am nächsten Morgen gabs erst mal frische Baguette von der Insel Boulangerie und dann gings auf Entdeckungs-Spaziergang. Und, wow! Was für eine Aussicht! Irgendwo da unten lag AnnaSophie und weiter hinten konnten wir das Festland von Südfrankreich sehen. Was für ein Jahresabschluss.
Es war mild und fast frühlingshaft, als wir uns im Café du Port nach unserem anstrengenden Spaziergang niederliessen.
Das Café war voll besetzt aber wir ergatterten uns in einer Ecke noch ein Tischchen und kredenzten heimisches Schaffen. Damit stiessen wir auf das alte Jahr und die vergangene Segelsaison an.
Als wir wieder zum Boot zurück gingen, stellten wir fest, dass wir nicht die einzigen gewesen waren mit der Idee, Silvester auf Porqerolles zu feiern! Der Hafen war voll bis auf den letzten Platz. Viele Crews schienen sich zu kennen oder hatten sich wohl sogar hier verabredet, denn es war ganz schön was los auf dem Steg.
Nur die armen Tagesausflügler die mit der Fähre von Toulon gekommen waren, mussten die Insel wieder verlassen. Und wir durften bleiben.
Das Abendessen kochte der Skipper auf dem Boot. Mit weiser Voraussicht. Denn hier in Frankreich herrschte das Gesetz des Réveillon unbarmherzig!! Schon einmal hatten wir eine Silvesternacht in Frankreich verbracht und wären fast verhungert.
Und auf dem Steg wurden Vorbereitungen für die grosse Party getroffen. Nach dem Abendessen schlenderten wir wieder in den Ort zurück, wo inzwischen alle Restaurants geschlossen hatten. Ha! Das kannten wir doch!
Das mit dem Réveillon ist nämlich so: in Ländern rund ums Mittelmeer wird am letzten Tag des Jahres “Le réveillon de la Saint-Sylvestre” wie es eigentlich richtig heisst gefeiert. Woher der Brauch stammt, weiss in Frankreich kein Mensch mehr. Aber dass es was zu feiern gibt. Das genügt.
Und so wird an diesem Abend erst nach Mitternacht und dem Anstossen auf das neue Jahr gegessen und dann aber dicke! Und wer das nicht weiss, der verhungert. Denn die Restaurants sind am Silvester meist schon Monate vorher ausgebucht. Ah!! Und deshalb haben wir auf dem Schiff gegessen, denn wir hätten eh keinen Platz mehr ergattert in einem der Restaurants. Genau.
Und so konnten wir durch die geschlossenen Fenster der Lokale sehen, was es nach Mitternacht alles zu essen geben würde. Auf dem Dorfplatz war mittlerweile die Party in vollem Gang. Es wurde getanzt, gelacht und getrunken. Und das alles bei Sternenklarem Himmel und angenehmen Temperaturen.
Zum Glockenschlag waren wir dann aber wieder auf dem Steg, wo ein ziemliches Gelage im Gang war. Wir stiessen auf’s neue Jahr an und liessen (verbotenerweise) so wie all die anderen Crews unsere alten Notsignale in den Himmel steigen. Whoa! Was für ein Jahresanfang! Was für ein Feuerwerk! Happy 2019!
Nach einem üppigen Katerfrühstück am nächsten Morgen gingen wir wieder auf Entdeckungstour. Hier wuchs sogar ein Inselspezifischer Wein und es gab Olivenbäume und auch sonst ein wenig Landwirtschaft. Um es genügte, die Handvoll Bewohner der Insel zu ernähren bezweifle ich. Aber verdammt malerisch war es.
Januar…
Wir waren offenbar nicht die ersten, die hier am Strand ihre Spuren hinterlassen haben…!
Die Stille. Ein Genuss.
Ja da kann die Aussicht zuhause nicht mithalten.
Am nächsten Tag hiess es dann Abschied nehmen von Porquerolles. Wir setzten Segel und legten Kurs an Richtung Hyères. Es war wunderbares Wetter und ein hübscher Wind blies uns direkt auf unser Ziel zu.
Port de Hyères. Wir durften ganz zuvorderst bei der Capitainerie anlegen. Und vom Office du Port aus konnten wir unser Bootchen von Oben bewundern.
Hyères im Januar war nicht wirklich sexy. Offenbar waren hier noch alle dabei, ihren Silvester Rausch auszuschlafen. Tja dann halt. Wir fanden trotzdem alles was wir brauchten und verbrachten einen ruhigen Abend im Bauch unseres Schiffchens.
Am nächsten Tag war das Wetter wieder wunderbar mild. Aber der Wetterbericht hatte wenig Wind im Programm. So beschlossen Max und ich schon beim Frühstück, den Gennaker schon mal bereit zu legen.
Nachdem das Geschirr gewaschen und alles verstaut war, machten sich Max und ich daran, den Gennaker einzurichten. Wir taten das ohne Wortwechsel, weil jeder wusste was zu tun war. Irgendwann fiel mir dann ein älterer Herr mit einem kleinen Hund auf, der uns vom Steg aus fasziniert zuschaute. Erst versuchte ich ihn so gut es ging zu ignorieren, aber der Herr bewegte sich nicht von der Stelle und starrte.
Da fiel mir ein, dass ich ja ein höflicher Mensch war und sagte ihm lächelnd “Bonjour!”. Worauf er aus seiner Schockstarre erwachte und mir ebenfalls einen guten Tag wünschte. Dann kam er ein paar Schritte näher und stammelte auf französisch: “Wissen Sie, Madame, so etwas habe ich noch nie gesehen! Also wirklich! So wie sie als Team arbeiten, ohne sich gegenseitig anzubrüllen, das ist einfach Phänomenal!!”
Was soll man da sagen. Als ich es Max übersetzt hatte, mussten wir lachen und wir erzählten dem Herrn, dass das bei uns ganz normal sei, da wir das schon so oft gemacht hätten. Dann wollte er natürlich noch wissen, woher wir kamen, wohin wir wollten, wie das Boot hiess und vieles mehr. Irgendwann waren wir dann bereit zum Ablegen und der nette ältere Herr winkte uns noch lange hinterher.
Schon bald hinter dem Hafen setzten wir dann Geni an die frische Luft. Aber das laue Lüftchen würde wohl nicht bis zurück nach Toulon reichen. Und ausserdem trieb es uns in die falsche Richtung.
Aber die milde Januar Sonne war ein Genuss.
Also Geni wieder runter und unter Motor bis zum Kap.
Aber auch hinter dem Kap war es nicht besser. Und bis wir in die Bucht vor Toulon einfuhren, hatten wir das Handtuch ganz geworfen und die Flügel eingeklappt. Und schon von Weitem wurde uns wieder einmal bewusst, dass wir inmitten einem der grössten Marinehafen im Mittelmeer überwintert hatten…!
Da machen wir gerne freiwillig Platz.
Und schon bald durchfuhren wir die Einfahrt von St. Mandrier-sur-Mer und bogen zu unserem Liegeplatz ab. Yep! Das war ein Neujahr unter Segeln gewesen wie es im Buche steht. Kann wiederholt werden.