Yep, jetzt war es soweit. Der Sommer war da mit all seinen schönen und unschönen Eigenschaften.
Und da wir seit Anfang dieses Törns in Olbia unsere Segel-Statistik (im Vergleich zu fahren unter Motor) auf rekordverdächtige über 80% hatten steigern können, versuchten wir es trotz Flaute mit Segeln.
Speedy-Geni war unsere Hoffnung, aber dem war es auch zu heiss. Lustlos flatterte er vor dem Boot her und zog uns mit fulminanten 2-5 Knoten unserem Ziel entgegen.
Zum Glück frischte der Wind nach stundenlangem Darben doch noch ein wenig auf und Speedy-Geni verhalf uns nach einer Halse zu ein wenig Fahrtwind.
Die sichelförmige Insel war der Rest eines erloschenen Vulkans, in dessen Krater es mehrere Ankerplätze gab. Die Bucht/Vulkankrater war sehr tief und flachte erst nahe am Land auf ankerbare Tiefen ab. Wir entschieden uns für die Ecke, in der schon eine handvoll Boote vor Anker lagen.
Nachdem wir von einem hysterischen Skipper mit dem Satz “we have 60 Meters!!!” von einem potenziellen Ankerplatz vertrieben wurden, machten wir uns einfach in der Mitte der Bucht breit, was mit unseren 85 Metern Kette kein Problem war. Noch lange spöttelten wir über den überbesorgten Skipper, der offenbar nicht so richtig Spass hatte an seinem Hobby. Wir jedenfalls konnten weitab der anderen Boote die wunderbare Szenerie vollstens geniessen.
Am nächsten Tag schauten wir noch interessiert zu, wie der hysterische Skipper vom Vorabend fluchend und hektisch seine 60 Meter Ankerkette lichtete, seiner Frau auf französisch Navigationsbefehle zubrüllte und bald schon motorend aus der Bucht tuckerte. Wir wünsten ihm, dass er wenigstens heute ein wenig Spass haben würde.
Schon am Vorabend hatten wir festgestellt, dass es in der Ankerbucht keinen Handyempfang gab. Zum Glück hatte Max schon ein paar Tage zuvor eruiert, dass es auf der Insel ein Hotel gab. Dort würde es sicher Internetempfang geben.
Ein Geisterhotel!!! Das weckte natürlich unser Interesse und so erforschten wir die einst traumhafte Hotelanlage und entdeckten schon bald, dass offenbar einige der ehemaligen Bungalows bewohnt waren. Wir konnten aber niemanden sehen. Wahrscheinlich waren die Bungalows nur im Hochsommer bewohnt.
Wir setzten uns an einen der Tische der verlassenen Pizzeria und löschten unseren Durst. Die Frau, die uns mit Hilfe ihrer Söhne bedient hatte, gesellte sich zu uns und wir fingen an, uns mit meinen paar Brocken Italienisch und ihren paar Brocken Englisch zu unterhalten.
Und so erfuhren wir, dass die Insel einmal dank einer Wasserquelle ein blühender, belebter Ferienort gewesen war. Doch dann versiegte die Quelle und ohne Wasser konnte das Hotel nicht mehr betrieben werden. Die Insel verwilderte und wurde verlassen. Nur einige Touristenschiffe kamen im Sommer und luden Gäste zum Baden an den schönen Stränden ab.
Vor ein paar Jahren hatte sich dann ein Konsortium gebildet, das die Insel wieder beleben wollte. Eine Wasserentsalzungsanlage wurde gebaut und die Bungalows wieder instand gestellt. Diese wurden dann an Private verpachtet, die diese Bungalows als Ferienhäuser benutzen. Und seit es wieder Wasser gab, seien wieder mehr Leute hier und um diese Pächter und Gäste mit Lebensmitteln zu versorgen hätten sie und ihre Familie diesen Laden hier eröffnet. Und heute sei der erste Tag an dem der Laden geöffnet sei und wir seien die ersten Kunden!!!
Was für eine unglaubliche Geschichte!!! Sie wollte dann noch von uns wissen, wie wir hierher gekommen seien und so erzählten wir von AnnaSophie und unserer Reise durch Europa. Die Frau war fast sprachlos vor Staunen und beglückwünschte uns zu unserem schönen Leben.
Wir hatten noch gefragt, warum es hier denn nicht mal eine kleine Bar gebe und sie erzählte uns, dass sie vorhätten, nächstes Jahr gleich neben dem Laden das Cafe zu eröffnen. Und so versprachen wir ihr, in einem Jahr wieder hierher zu kommen und dann dem Cafe einen Besuch abzustatten.
Es gab einige Wege, die zu den verschiedenen Badebuchten führten und einen Weg zur Römervilla. Die Hitze war knapp an der Grenze des erträglichen und der Lärm der Zikaden ohrenbetäubend. Ab und zu konnte man auch Relikte aus der Zeit der Römer entdecken die es nicht ins Museum, aber dafür als Zierde in eine Gartenmauer geschafft hatten. Recycling ist das Wort der Stunde.
Und es gab sogar ein Fussballfeld, das auch als Helikopter Landeplatz fungierte. Ein richtiges Multi-Purpose-Stadion also. (Zürich, nimm dir ein Beispiel…)
Auch war die Aussicht von hier oben nicht schlecht. Man konnte die ganze Insel überblicken und beruhigt feststellen, dass AnnaSophiechen immer noch brav am Anker hing. (Das kleine weisse Pünktchen in der Bildmitte).
Dann ging’s zurück zum Dinghi, wo wir das gekaufte Wasser einluden und tuckerten zufrieden zum Boot zurück.
Es war jedenfalls schon lange dunkel,als wir noch mal ins Wasser hüpften und dann erfrischt und müde in unsere Kojen plumpsten.
Doch bis zur zweiten Tasse Kaffee hatte sich die Lage wieder beruhigt, AnnaSophie hatte ihren Hintern wieder in die Bucht gedreht und die Wolkenwalze, die uns überrollt hatte verschwand und die Sonne kam wieder hervor.
Und erst wunderten wir uns noch über die braunen Flecken an Land bis wir realisierten dass dies riesige, erntereife Getreidefelder waren. Hier wuchsen also die italienischen Spaghetti!!!
Wir sassen erwartungsvoll und entspannt im Cockpit und harrten der Dinge, die da auf uns zukamen. Als das Boot dann nur noch wenige Meter von uns entfernt war sahen wir, dass es sich dabei nicht um die Guardia Costiera sondern um die Guardia Finanza handelte. Wollten die uns aufentern?!? Das Funkgerät war schon in Griffnähe.
Aber sie winkten nur zu uns herüber, worauf wir freundlich zurückwinkten. Wahrscheinlich hatte das AIS (Automatic Identification System) ihnen alle nötigen Daten zu unserem Schiff geliefert. Dann drehten sie ab und dampften davon, wahrscheinlich auf der Jagt nach dem nächsten Boot, dem sie einen Schrecken einjagen konnten.
Mit offenen Mündern staunten wir über die Grösse dieser schwimmenden Monster. Max schätzte, dass Civitavechhia an diesem Tag etwa 15000 Einwohner mehr als sonst gehabt hatte.
Civitavechhia diente uns nur als Zwischenstopp auf dem Weg nach Rom und so verliessen wir die Marina erst gar nicht. Wir assen in einem der Lokale in der Marina zu Abend und verschwanden schon bald in unseren Kojen.
Skipper One lachte mit der Sonne um die Wette und Skipper too liess sich selbige auf den Bauch scheinen.
Aber nicht nur der Wind wurde stärker, auch die Wellen waren inzwischen ordentlich angewachsen. Und wir sinnierten wieder einmal mehr darüber wie schön es war, ein so starkes, zuverlässiges Boot zu besitzen und was für ein herrliches Gefühl es war, dieses nach sechs Jahren so gut zu kennen, dass man auch bei solchen Verhältnissen noch gefahrlos weitersegeln konnte.
Denn wir wussten aus Erfahrung, dass das Einlaufen bei Sturm manchmal unmöglich war und man auf dem Meer abwarten musste, bis sich der Sturm gelegt hatte. Man nennt das “Abwettern auf See”.
Der Skipper musste mit Vollgas durch die enge Einfahrt und das Boot dann gleich wieder voll abbremsen, da wir sonst im Hafen aufgelaufen wären. Das Manöver gelag und ich schnappte mir gleich das Funkgerät, um uns in der Capitaneria anzumelden. Ich bin mir sicher, das Hafenpersonal im Turm hatte uns gespannt zugesehen…!
Aber das störte uns nicht weiter, wussten wir doch, dass auch der Flughafen Rom Nachtflugverbot hatte und nach dem heutigen Ritt würden uns nicht mal Elefantenhorden aus dem Schlaf holen können.
3 Kommentare
Hallo Max, Wir Gratuliern herzlich zum Geburtstag ????. Hedy und Albert
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