Uddevalla liegt schon hinter uns. Und Max ist auch wieder an Bord. Und jetzt liegen wir in der Bucht von Hjältön am – ja was eigentlich. Vor Anker? Am Strand? Am Baum?
Aber erst mal der Reihe nach. Die Nacht vom Sonntag auf Montag verbrachten Manfred und ich vor Anker an der windgeschützten Seite einer kleinen Insel in der Nähe von Stenungsund ( 58° 6’38.37″N / 11°48’0.33″E). Wir konnten uns eine Weile lang nicht einigen, wo wir ankern wollten. Mir war die Ecke zu ungeschützt und zu tief. Manfred meinte, das sei windgeschützt genug und die Tiefe sei gar kein Problem. Da ich bald einmal merkte, dass wir nicht stabil lagen und uns am Anker bewegten, fuhr ich mehr Kette aus. Mir war einfach nicht wohl an dieser Position. Ich erwähnte Manfred gegenüber auch, dass für den nächtsen Tag starker Nordwind vorhergesagt wurde und in diesem Fall die Gefahr bestand, dass der Wind das Boot auf die Felsen treiben würde. Manfred beruhigte mich und schlug vor, dass wir den Heckanker auch noch auslegen sollten und dafür die Kette vom Buganker verkürzen könnten. Das taten wir dann auch und nach dem Nachtessen legten wir uns schlafen.
Um eins in der Nacht wurde ich von einem infernalischen geruckel aus dem Schlaf gerissen. Ich wusste sofort, dass der Anker nicht hielt und vom Boot über den Grund geschleift wurde. Innert Sekunden war ich an Deck. Manfred kam ebenfalls an Deck geschossen. “Meine Güte, der Buganker schleift!” sagte er. “Nein, das war der Heckanker, es hat mich fast aus dem Bett gerüttelt!” sagte ich. Wir schauten uns verwundert an und wussten sofort, dass da etwas ganz aussergewöhnliches im Gang war. Dass ein Anker mal vom Boot über Grund geschleift wird, kann schon mal vorkommen. Aber dass ein Boot, das an zwei Ankern liegt gleich beide Anker mitschleift, das war doch eher ungewöhnlich. Dafür gab es nur eine Erklärung: Strömung, und zwar dicke.
Da standen wir nun, fröstelnd, lauschend, jedes Geräusch interpretierend. Aber da war nichts mehr. Das Boot stand wie anbetoniert. Auf Kette und Trosse war starker Zug, was hiess dass das Boot offenbar genau quer zu einer starken Stömung lag, aber die Anker sich nach der Holperfahrt über den Grund offenbar doch fest eingegraben hatten. Nachdem wir noch eine Zeit lang beobachtend an Deck standen und feststellten, dass sich das Boot nicht mehr bewegte, legten wir und wieder schlafen.
Am Morgen war der Spuk vorbei. Bei totaler Windstille und null Strömung dümpelte AnnaSophie friedlich an ihren zwei Ankern vor sich hin. Beim Frühstück interpretierten und diskutierten wir das Ereignis in der Nacht. Auch stellte ich verwundert fest, dass der vorhergesagte Nordwind nur ein laues Gesäusel war.
Und dann kam der Nordwind doch noch. Genau zwischen der zweiten und der dritten Tasse Kaffee. Und wieder schauten wir uns verdutzt an. Wir mussten nicht lange reden. Die halb getrunkene Kaffeetasse und das angebissene Brötchen wanderten zurück in die Kombüse und Manfred und ich waren schneller in unserem Schwerwetterzeug als eine Möve kacken kann.
Und pünktlich um neun Uhr am nächsten Morgen stand Käp’n Max an Deck. Er war mit einem frühen Zug aus Göteborg gekommen, wo er nach seiner Ankunft am Vortag die Nacht verbracht hatte. Und schon bald herrschte geschäftiges Treiben auf dem Boot. Einkaufen, Haare schneiden, Wasser bunkern und so gegen eins hatten wir Uddevalla in unserem Kielwasser.