Staande Mast Part 2

Und weiter ging die Fahrt auf einem der vielen Wasserwege Hollands und so langsam merkten wir, dass die Wasserstrassen immer breiter wurden und der Frachtverkehr nahm immer mehr zu.

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51°55’2.65″N / 4°34’47.03″E                                           Das Sturmflutwehr von Krimpen an der Ijssel

Und nach vier Stunden Fahrt durch Industriegebiete und Richtungsgetrennte Frachtschiff Strassen erreichten wir unser nächstes Ziel, Dordrecht.

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51°48’57.70″N / 4°39’52.15″E                                                                    Mitten drin…

Die Marina der Stadt Dordrecht liegt mitten in der Altstadt. Ich war ja sehr skeptisch, ob wir mit unserem Mast und unserem breiten Hintern wirklich da rein passen würden, aber siehe da! Uns wurde vom Hafenmeister ein Platz direkt vor einem der vielen hübschen Häuser zugewiesen.

Anschliessend gingen Max und ich essen und später gesellte sich Michel, ein ehemaliger Geschäftspartner von Max zu uns, der uns stolz seine schöne Heimatstadt zeigte…
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Der im Mauerwerk verewigte Baumeister – eine der unzähligen Brücken mit der “Grote Kerk” im Hintergrund

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Eines der letzten Stadttore – das älteste Steinhaus Hollands – ehemaliger Klosterzugang

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Kunstvolle Türe – Suchbild mit AnnaSophie                         Kleiner Tipp: hoher Mast

Ja, ich muss sagen, Dordrecht war wirklich eine positive Überraschung und macht mit seinen vielen Grachten, Gässchen und Geschäften Amsterdam schon fast Konkurrenz. Und nochmal ein herzliches Dankeschön an Michel, die Stadtführung war sehr interessant!!

Am anderen Morgen mussten wir uns natürlich wieder aus dem Grachtenhafen und durch die kleine Engelensbrücke herausschlängeln…
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…dann noch durch die Strassenbrücke…
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…und schliesslich mussten wir uns nach einigen waghalsigen Ausweichmanövern noch bei der Eisenbahn-Hebebrücke in Warteposition bringen…
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…bis wir dann endlich freie Fahrt auf der Dortse hatten.
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Bei Willemsdorp bogen wir in die Hollandsdiep ein, einem direkten Zufluss in die Nordsee. Das Südufer war zugebaut mit Schwerindustrie…
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…während das Nordufer laut der grossen Warnschilder unter totalem Naturschutz stand. Wir getrauten uns kaum, hinzusehen.
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Das ist etwas das mich an Holland immer wieder erstaunt: wie restriktiv hier mit Boden umgegangen wird. Das ganze Land scheint millimetergenau in Landwirtschafts-, Wohn-, Industrie- und Naturzonen eingeteilt. Offenbar kennt die holländische Bevölkerung die Bedeutung und den Wert von Boden haargenau. Nicht wie bei uns in der Schweiz, wo fröhlich drauflos geklotzt wird, als ob es kein Morgen gäbe.

Wahrscheinlich ist der Unterschied zwischen Holland und der Schweiz der: in Holland gibt es die Bevölkerung – und einen König, während es in der Schweiz 7 Millionen Könige gibt – aber keine Bevölkerung…(gnhihihi)

Und immer wieder brausten Frachter an uns vorbei, erstaunlich viele davon unter Schweizer Flagge fahrend.
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Am späten Nachmittag erreichten wir Willemstad, unser Ziel für heute. Auf der Karte hatte das Städtchen in der Form eines Sterns angelegt und die Marina schien in einem Burggraben zu liegen. Das mussten wir uns einfach anschauen. Schon die Einfahrt in die Marina war spannend.
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Schon von weitem konnten wir Schafe blöken hören, viele viele Schafe…!
20150614-09Das sah ja umwerfend aus! Hoffentlich hatte es Platz im Hafen…

20150614-10Und tatsächlich, nachdem uns der Hafenmeister erst mal ausgiebig über unser Boot ausgefragt und sich gewundert hatte, dass dies ein holländisches Boot war, wies er uns einen Platz zuhinterst im Burggraben (oder so sah es jedenfalls aus) zu. Schnell das Boot vertäut und noch schneller auf die Brommies (Danke Wolfgang von der Lotta, ich find den Ausdruck so super, den werd ich beibehalten).

Und das haben wir auf unserer Entdeckungsfahrt so gesehen…

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So ein wunderschönes Örtchen. Und wir waren wirklich hin- und her gerissen, ob wir nun auf dem Schiff oder auswärts essen sollten. All die kleinen Restaurants waren aber auch zu verlockend. Aber wir entscheiden uns dann doch für die Bordküche. Vielleicht gab’s ja dann nachher ein Dessert oder einen Schlumi im Städtchen.

Da es noch schön warm war, konnten wir dafür noch draussen essen und wurden dafür wieder einmal mehr von den Hafenkomikern, den Schwalben, auf’s beste unterhalten. Das geknarre, geschubse und gezetere amüsierte uns jedes mal. Dafür nahm man auch gern den einen oder anderen pupser auf’s Deck hin. Man ist schliesslich Tirefreund.
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Hier gefiel es uns sogar so gut, dass wir uns spontan entschieden, einen weiteren Tag hier zu bleiben. Weil…
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…so ein bisschen was zu tun gab’s ja immer. Und Waschen war auch wieder mal angesagt. Hier konnten wir auch zum ersten mal unser Sonnentarp ausprobieren, das wir paktisch neu erstanden hatten…
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Kringelt noch ein bisschen und die Position stimmt irgendwie noch nicht so ganz, aber das kommt schon gut.

Ausserdem hatten wir in einem Geschäft im Dorf eine Wassersportkarte entdeckt die aussagte, dass es hier weiter ging mit Kanal fahren als wir gedacht hatten. Denn unsere Karte zur Staande Mastroute reichte nur bis hierher. Und deshalb hatten wir vorgehabt, von hier aus durch die Schleusen der Hollandsdiep in die Nordsee und dann Richtung Dünkirchen zu segeln. Zur Sicherheit fragten wir noch einen Ortsansässigen und auch der empfahl uns, noch weiter durch die Kanäle Richtung Süden zu fahren. O.k. Machen wir. Und so konnten wir den Abend ohne Vorbereitungsstress noch so richtig geniessen.
20150614-16Willemstad, Holland vom Feinsten…

Am nächsten Morgen hiess es dann Abschied nehmen vom schönen Örtchen Willemstad und schon bald standen wir wieder mal vor einem Hindernis in der Form einer Schleuse und einer Autobahnbrücke. Routiniert schmissen wir uns an den für Frachter konzipierten Wartesteg. Es gab hier zwar eine Schleuse und Brücke speziell für Sportboote, aber das war die Durchfahrtshöhe auf 17m beschränkt. Size sometimes matters…
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Mehr als eine Stunde mussten wir uns hier gedulden, bis wir in die Schleuse einfahren durften. Wir waren zwar das mit Abstand höchste Schiff, aber in der Hackordnung trotzdem zuunterst, hmtja.
20150615-03 Denn das hiess soviel, als dass beim Ausfahren aus der Schleuse die Heckwellen der startenden Frachter uns ganz schön durcheinanderwirbeln würden. Aber dank der Erfahrungen, die wir in über hundert Schleusen Durchfahrten gesammelt hatten und der perfekt platzierten Fender, schafften wir die Ausfahrt ohne einen Kratzer.

20150615-02In der nächsten Schleuse waren wir dann Zuvorderst. Da konnten wir dann mit Vollgas als Erste raus.

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Und hier noch die zweitletzte Brücke/Schleuse von heute. Sehr clever, hier hatte es zwei Strassenbrücken nebeneinander. Während die Eine offen stand, wurde der Verkehr über die Andere umgeleitet und umgekehrt.

Auch wenn wir heute doch ein wenig länger warten mussten, so ist doch zu sagen, dass es beeindruckend ist wie in Holland der Wasserverkehr organisiert ist. Wie die es meistern, die vielen vielen Brücken und Schleusen so effizient zu bedienen und zu warten. Nicht eine Brücke oder Schleuse, die ausser Betrieb war. Oft sahen wir in einiger Distanz zu den Schleusen und Wehre Ersatz Schleusentore stehen. Und wir haben als Sportboot nicht einen Cent bezahlt für all die Durchfahrten.

Wenn ich da so an den Deutschen Nord- Ostseekanal zurückdenke…eine traurige Geschichte.

20150616-0151°31’32.65″N / 3°41’23.98″E     Nahe bei Kamperland

20150616-02Es war schon fast neun Uhr, als wir die letzte Schleuse von heute erreichten. Einen Moment lang hatte ich schon Angst, dass hier schon Feierabend sein könnte. Aber auf unseren Aufruf via VHF erhielten wir prompt Antwort und die Schleusentore öffneten sich sofort. Die Schleuse erinnerte eher an einen mittelalterlichen Burggraben und war knapp lange genug für unser Schiff. Aber routiniert schafften wir auch das und konnten in den Kanal einfahren, der an unser Tagesziel, das Städtchen Middelburg führte.

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Als wir in Middelburg ankamen war es fast zehn Uhr und der Hafenmeister schon nach Hause gegangen. Also kein Internet. Und wir hatten keine Lust noch lange in der Kombüse zu stehen. Also, die Räder raus und ab in die Stadt. Aber die war leider schon zu. Keine Kneipe, kein Restaurant, kein Essen.

Aber dann entdeckten wir doch noch ein Hotel, das offenbar noch Gäste bewirtete. Und wir hatten Glück. Das Hotel Roosevelt verfügte zwar nicht über eine Küche, aber die Hotelmanagerin machte sich eigenhändig daran, uns noch etwas zum Essen herzurichten.20150616-06

Und ein Kaminfeuer gab’s auch! Wie herrlich, nach diesem windigen, frostigen Abend mit einem Glas Wein am Kaminfeuer sitzen zu können…
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Und weil es uns hier so gut gefallen hat, beschlossen wir, am nächsten Tag gleich noch hier zu frühstücken. So konnten wir Zeit sparen, denn es stand uns noch ein weiter Weg bevor.
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Auf dem Weg nach Vlissingen mussten wir noch einmal mehrere Brücken passieren und in der letzten Schleuse von Holland wurde es dann noch mal so richtig eng…
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Und dann war es soweit! Die Westerschelde und damit die Nordsee lag vor uns. Endlich wieder mal die Segel hissen – bei mageren 10 Knoten Wind.

Aber dann kam doch noch Wind auf und wir kamen flotter voran, als wir gedacht hatten und kurz vor Mitternacht erreichten wir Dunkerque. Der Anblick der rauchenden und Feuer speienden Schwerindustrie liess uns wahrlich wundern, was uns hier erwarten würde…
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