Auf der Staande Mast Route durch Holland

Oh Himmel, ist das wirklich erst drei Tage her dass wir uns Amsterdam noch ein letztes mal angeschaut haben?!? Ganz nach Sitte des Landes per Fietsen natürlich. Mir kommt es vor, als seien seither Wochen vergangen. Es ist immer wieder interessant, wie sich die Zeit zu dehnen scheint, wenn man unterwegs ist.

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Nachdem wir von Amsterdam zurück in der Marina waren, versuchten wir uns noch ein wenig auszuruhen, denn in dieser Nacht wollten wir die Passage durch Amsterdam wagen, dem ersten Teil unserer Reise, der Staande Mastroute. Was soviel heisst, als dass man mit dem stehenden Mast mitten durch Holland fährt.

Und so gegen elf Uhr legten wir ab von der Marina und querten den auch zur Nachtzeit noch viel befahrenen Kanal hinüber nach Amsterdam.

20150612-0352°23’13.62″N / 4°53’0.70″E     Warten vor der Spoorbrugg Westerkanal

Die erste Schleuse in den Westerkanal konnten wir relativ rasch durchfahren. Aber an der Eisenbahbrücke, die direkt zum Hauptbahnhof von Amsterdam führt, mussten wir – und noch drei andere Boote – bis um halb zwei in der Nacht warten. Zug um Zug donnerte noch über die Brücke, bis sie sich endlich für ein paar Minuten öffnete und wir mit Vollgas in den Westerkanal einfuhren.

Und so tuckerten wir denn im Konvoi durch das nächtliche Amsterdam und konnten kaum glauben, wie gross diese Stadt eigentlich war. Endlos durchfuhren wir Strassenzüge, Quartiere und Brücke um Brücke, die sich wie von Geisterhand geführt für uns öffneten.

20150612-04Kurz vor Drei Uhr Morgens erreichten wir unser letztes Hindernis, die Nieuwe Meersluis, eine Regulierungsschleue. Und gleich dahinter lag noch die Schinkelbrugg, eine sechsspurige Autobahn mit zwei Eisenbahnbrücken in der Mitte. Und wieder donnerten noch scheinbar endlos lang Trucks und Autos über die Brücken, bevor sich die gigantischen Klappen auftaten.

Und um halb vier Uhr Morgens hatten wir den Riekerplas “See” erreicht, ann dessen Ende wir im Yachthafen anlegen wollten für den kümmerlichen Rest der Nacht. Aber als wir dort ankamen, war es so stockdunkel, dass wir erst im letzten Moment erkannten, dass es dort keinen Platz hatte. Und so fuhren wir denn schnell unseren Konvoi Buddies hinterher.

Nach kurzer Zeit kamen wir wieder an eine Autobahnbrücke. Da die anderen Schiffe sich an den Wartesteg schmissen – für uns war kein Platz mehr – vertäuten wir uns einfach an ein Schiff, dass bereits vertäut am Ufer lag und unbewohnt zu sein schien. Da wir bis um fünf Uhr auf die Öffnung der Brücke warten mussten, wollten wir uns noch ein wenig ausruhen.

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52°18’49.31″N /  4°48’59.45″E  Aha, so sieht das bei Tag aus…

Als ich die Augen wieder aufschlug, war es halb acht Uhr, die Crew völlig verpennt und die anderen Boote über alle Berge/Wasser. Na toll! So war das nicht geplant gewesen. Und die nächste Brückenöffnung war erst Mittags um halb eins.

Aber was soll’s. Die Sonne schien, die Vögel zwitscherten im nahen Wald und wir hatten gratis und ungestört übernachtet. Und so gab’s erst mal ausgiebig Frühstück. Da wir hier keinen Internetempfang hatten, kamen wir auf die Idee, mit den Velos zum nahe gelegenen Flughafen Schipol zu fahren und die SIM Karte, die Max dort gekauft hatte, richtig und durch Fachpersonal aktivieren zu lassen. Wir also ab auf die Räder unl los ging’s Richtung Flughafen…

20150612-06Es gab einiges zu sehen auf dem Weg, startende Flugzeuge, landende Fischreiher und fliegende Holländer auf ihren Oma-Fietsen.

Da wir irgendwo zwischen dem Airport Hilton und dem Taxistandplatz vom Radweg abgekommen waren, irrten wir mit unseren Velos durch Hotellobbys, Fussgängerpassagen und Parkhäuser (immer schön freundlich grüssend) bis wir endlich das Hauptgebäude des Flughafens erreichten. Dort parkierte mich Max mit den zwei Velos bei einem Geschäft für Reiseartikel und verschwand mit seiner SIM Karte im Gewusel der Flugpassagiere.

Ich wurde immer nervöser, denn die Uhr tickte und tickte und bald war es fast zwölf Uhr und von Max immer noch keine Spur. Und dann kam er doch noch, freudestrahlend seine SIM Karte schwenkend und wir kämpften uns wieder aud dem Gewusel heraus. Diesmal fanden wir den Radweg relativ schnell und bald waren wir auf dem Rückweg. Nur leider hatten wir diesmal heftigen Gegenwind und wir strampelten wie die Irren zu unserem Liegeplatz zurück. Mein Herz schlug wie ein Presslufthammer und die Sonne knallte uns ins Gesicht und die Autobahnbrücke kam einfach nicht näher. Aber wir gaben alles und als wir endlich die Brücke erreichten, stand das Durchfahrtssignal bereits auf Rot/Grün. Mit letzter Kraft hechteten wir auf’s Boot, klatschten die Velo’s an die Reling und machten das Boot startklar.

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Erst dann realisierten wir, was für ein riesiges Glück wir hatten: schon von Weitem waren uns die beiden Silos aufgefallen, die da urplötzlich bei unserem Liegeplatz zu stehen schienen. Das war ein Schleppzug, beladen mit dieser unglaublichen Fracht! Für so was würde sich die Brücke natürlich garantiert öffnen. Da konnten wir uns super anschliessen. Und so fuhren wir frisch fröhlich hinter unserem “Pflug” her, der uns alle Brücken öffnete…

Und ab und zu wurde es ganz schön apannend…
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…und es gab allerlei zu sehen:
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Irgendwann wurde unser “Pflug” plötzlich langsamer und es schien, als hätte er sein Ziel erreicht. Und so fuhren wir halt alleine weiter durch die schönen Landschaften.
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Kurz vor Alphen erbaten wir via Funk um Durchfahrt durch die Moolenarsbrug. Man sagte uns, dass wir einen Moment warten müssten, da wir einem Schwertransport den Vortritt lassen müssten. Als wir uns umschauten, erblickten wir unseren alten Bekannten…
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Also wieder im Konvoi weiter. Es wurde nicht langweilig aber öfters mal eng, sehr eng…
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Da wurde von Vorne gezerrt und von Hinten geschoben was das Zeug hielt. Die Aufmerksamkeit der gesamten Bevölkerung in der Umgebung war ihnen jedenfalls sicher und so mancher Brückenwart hatte wohl heisse Adrenalinschübe an diesem Tag.

Und als wir kurz vor Gouda gemeinsam die letzte Eisenbahnbrücke passierten, bogen wir links ab in den Hafen von Gouda und unser “Pflug” zog weiter Richtung Rotterdam.
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Hebebrücke kurz vor Gouda              Altstadt von Gouda

Schnell vertäuten wir unser Boot in der Marina, packten unsere Velo’s und sausten in die Stadt, wo wir uns noch einen schönen Abend machten und uns ein Gläschen Prosecco gönnten in einem der vielen Restaurants auf dem berühmten Marktplatz.

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4 Kommentare
  1. Hallo Ihr zwei C-Yacht Buddies. Coole Reise, schöner Blog! Wenn Ihr sehen wollt was wir mir unserer “Lotta” (C-1040) und unseren Brommies so unternehmen, googlet “Lottas Reise”.
    Wir wünschen Euch weiterhin die berühmte handbreit…
    Liebe Grüsse, die Lotta-Crew Wolfgang und Liisa

    1. Hallo ihr beiden C-Yachtler, danke für das Lob. Das spornt natürlich erst recht an!! Auch euch wünsche ich weiterhin viel Spass auf dem Wasser und auf den Rädern. Übrigens, die Bilder in eurem Blog sind fantastisch!
      Gruss, Doris

  2. Echt spannend dieser Blog! Fantasisch eure Reise durch Holland, mit den schönen, weiten Landschaften und malerische Städtchen. Ich erinnere mich grad an meinen Boat & Bike Trip von Amsterdam – Antwerpen – nach Brügge. Oh, ich wär grad gerne mit dabei !!
    Bin gespannt auf weitere Geschichten. Herzliche Grüsse. Barbara

    .

    1. Hallo Barbara, ja, die letzten Tage waren unglaublich spannend. Und dank des Caledonian und des Göta Canals waren wir ziemlich routiniert beim Durchfahren schwieriger Passagen. Und es freut mich, dass ich dich schon ein wenig “gluschtig” machen konnte…!
      Liebe Grüsse und bis bald!
      Doris

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